Zum Auftakt ein Festakt

von Hannah Birkenkötter und Gerrit Kurtz

Westerwelle eröffnete den Festakt, Photo © photothek/Trutschel

Westerwelle eröffnete den Festakt, Photo © photothek/Trutschel

Geburtstage soll man feiern, wie sie fallen. Das hatte sich auch das Auswärtige Amt gedacht und beging das 40jährige Jubiläum der Mitgliedschaft Deutschlands in den Vereinten Nationen am heutigen Tage mit einem Festakt. Auch in der Woche vor der Bundestagswahl und einer international dominierenden Diskussion zur Lage in Syrien lohnt stets ein reflektierender Blick auf die Vereinten Nationen und die deutsche Rolle darin. Dazu bot auch der Festakt erste Anknüpfungspunkte, zu dem sich viel frühere und aktuelle deutsche UN-Prominenz im Weltsaal eingefunden hatte.

Außenminister Guido Westerwelle macht den Anfang mit einer Auflistung der Grundsätze deutscher UN-Politik. Gleichwohl setzt er diese auffällig deutlich in den Kontext  der aktuellen Diskussionslage der Chemiewaffen in Syrien. Westerwelle verurteilt den Einsatz von Giftgaswaffen und betont noch einmal, es gebe erdrückende Beweise für eine Verantwortlichkeit des Assad-Regimes für diesen eindeutigen Völkerrechtsverstoß. Er fordert einen Beschluss des Sicherheitsrats, die Sache an den Internationalen Strafgerichtshof zu überweisen – unbenommen der Frage ob eine Begrenzung des Mandats nur auf die Chemiewaffen überhaupt möglich ist.. Neben dieser doch sehr konkreten Forderung verblassen die bekannten Ausführungen Westerwelles zur Reform des Sicherheitsrats und Deutschlands Einsatz in der Friedenssicherung. Zumal erwähnt er nicht, dass lediglich ein sehr geringer Teil (255) von den „fast sechstausend Soldaten, Zivilkräften und Polizisten in UN-Missionen und UN-mandatierten Missionen“ in tatsächlichen Blauhelmmissionen eingesetzt wird. Diese Fragen werden sicherlich noch Themen der Fachtagung sein.

Als Festrednerin stimmt Mary Robinson, erste Hochkommissarin für Menschenrechte der Vereinten Nationen und mittlerweile VN-Sondergesandte für die Region der Großen Seen, den richtigen Ton an. Neben einem der Gelegenheit geschuldeten deutlichen Lob Deutschlands, fordert sie Deutschland auf, eine stärkere Führungsrolle in den Vereinten Nationen einzunehmen: „Nehmt den Bogen des Schicksals auf, mutig und pflichtbewusst.“ Deutschland solle eine „voraussehende multilaterale Führung“ und sein Engagement in den Vereinten Nationen intensivieren und verstärken.

Aus ihrer aktuellen Arbeit nannte sie ein konkretes Beispiel: Zusammen mit dem gerade ernannten deutschen Sondergesandten des Generalsekretärs für die Demokratische Republik Kongo (und Leiter der dortigen UN-Mission MONUSCO) mache sie bei der kongolesischen Regierung und den beteiligten Regionalmächten beständig Druck, dass es nicht zu einer erneuten Eskalation der Gewalt im Ostkongo komme. Die große öffentliche Unterstützung für Martin Kobler durch die Bundesregierung scheint also punktuell ihrer Forderung nach größerer Führungsstärke Deutschlands in den Vereinten Nationen zu entsprechen.

Die Podiumsdiskussion. © photothek/Trutschel

Die Podiumsdiskussion, Photos © photothek/Trutschel

An dieses Stichwort deutscher Initiativen knüpft Klaus Töpfer an, der gemeinsam mit der ehemaligen deutschen Jugenddelegierten Heidrun Fritze und den ehemaligen Ministern Egon Bahr und Hans-Dietrich Genscher den Festakt durch eine Podiumsrunde beschließt. Klaus Töpfer betont vor allem den Erfolg der umweltpolitischen Themen als menschenrechtliche Belange, die in der Anerkennung eines Rechts auf sauberes Trinkwasser durch die Generalversammlung mündeten. Hier habe sich Deutschland stark eingesetzt und zu einem Umdenken beigetragen. Während Genscher und Bahr in Anekdoten über deutsch-deutsche Zusammenarbeit und die weltgeschichtliche Linie von Ostpolitik bis zur Wiedereinigung schwelgten, verwies die ehemalige Jugenddelegierte Fritze auf das oftmals mangelnde Wissen und Verständnis über die Vereinten Nationen in der deutschen Bevölkerung, insbesondere unter Jugendlichen. Dabei ist die deutsche UN-Politik keineswegs ein reines Elitenprojekt, wie das lebhafte zivilgesellschaftliches Engagement in Deutschland, gerade auch unter jungen Menschen, die zu tausenden jährlich an Model UN Konferenzen teilnehmen und sich in Dutzenden lokalen Gruppen für die Verbreitung der Idee der Vereinten Nationen einsetzen, zeigt.

Die laufende DGVN-Fachtagung ist ein gutes Beispiel für diese Balance zwischen Zivilgesellschaft und offizieller Außenpolitik. Stay tuned.